Schrei im Wald – Wut ist ein heikles Thema

Wie Wut uns hilft

Ein echter Wutanfall kommt meistens ganz unverhofft. Der, der ihn erlebt, ist berauscht von seiner Wut und kaum ansprechbar. Das logische Denken setzt aus, es ist pure Emotion, pure Energie und meist völlig unkontrolliert.

Wofür ist Wut nützlich, wenn sie doch eigentlich so negativ auf andere wirkt?

Wut hilft! Sie hilft sich bei einem “Zu Viel” abzugrenzen. Das wütend verzerrte Gesicht zeigt meiner Umwelt an, dass jemand zu weit gegangen ist und mein Gegenüber besser Abstand halten sollte.

Aggressionen auszuleben, lernen wir schon früh zu unterdrücken. Im Gespräch mit Pädagogen, Lehreren und auch Führungskräften wurde mir in den letzten Jahren immer wieder das Thema der plötzlichen Wut und der Eskalation in Gruppen beschrieben. Aber was passiert da mit uns Menschen?

Wut ist auch ein Signal, dass es ein Ungleichgewicht in der Gefühlswelt gibt.

Kann ich Wut unterdrücken?

Die häufigste psychische Erkrankung der Erwachsene ist derzeit die Depression. 8,2 %, sind im Laufe eines Jahres an einer unipolaren oder anhaltenden depressiven Störung erkrankt (Jacobi et al., 2016*)

Was passiert da gerade mit uns Menschen und hat das eventuell auch etwas mit Wut zu tun?

Gesund ist es nicht, die Wut zu unterdrücken. Depressionen oder Magenprobleme sind meistens Anzeichen einer unterdrückten Wut.

Das bedeutet also, es ist wichtig in der Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Umwelt das richtige Maß an Emotionen zu finden, denn dann kann Wut zur produktiven Kraft werden.

Beispiel: Pia ist 45. Sie ist gerade sehr launisch, kann schlecht schlafen und ihre Kollegen und ihre Familie machen gerade einen großen Bogen um sie herum. Sie fährt schnell aus der Haut und Pia sagt selbst “ich brauch endlich Urlaub, hoffentlich ist Corona mal endlich vorbei.”

In einem Ge(h)spräch im Wald nimmt sie einen Stein und feuert ihn in den Bach. Sie tritt gegen eine Wurzel und haut mit der Hand auf die Rinde des Baums. Plötzlich kommen die Tränen, ihre Überforderung und ihre tiefe Traurigkeit finden nun Platz im weiteren Ge(h)spräch.

Auszeit im Wald

Der Wutanfall: Da muß was raus

Vielleicht muß der oder die Wütendende raus aus der Situation um etwas raus zu lassen?

Mal ganz raus, kalte Luft atmen, nasse kalte Füße bekommen und den Gefühlen mal freien Lauf lassen? Vielleicht hilft es, damit das Gehirn sich wieder einschalten lässt?

Der Kontakt mit der eigenen Wut wird als sehr unangenehm beschrieben. Der ganze Ärger, die Frustration stecken in uns drin und das Gehirn flüchtet sich in Depressionen.

“Etwas” zu zerschlagen wird selbstredend eher kritisch gesehen, da das Gehirn in der Situation des Zerschlagens eine positive Stimulation erlebt. Destruktive Verhaltensweisen in hochemotionalen Situationen könnten  positiv verstärkend wirken. Das heisst die destruktiven Verhaltensmuster werden im Affekt eher genutzt.  Verhaltenstherapeutisch würde dies als ungünstige Konditionierung gelten.

Aber vielleicht wirkt es doch noch anders.

Dankeschön nach einem Paargehspräch

Richtig mit der Wut umgehen

Raus gehen, Luft atmen, Freiheit spüren, Traurigkeit zulassen, Bedürfnisse benennen

Es ist wie immer eine Abwägungssache. Der goldene Mittelweg befindet sich meistes in der engen Gasse zwischen kontrollierter und erlaubter Zerstörung und einem ungestörten Ausleben dürfen.

Wichtig ist das Bedürfnis hinter der Wut zu erkennen.

Im Winter kann man z.B. das Eis auf einer Pfütze nutzen, um es auf den Asphalt zu zerschmettern, es zu zertreten oder an einen Baum zu werfen. Schreien im Wald oder ganz besondere Kraftausdrücke laut zu rufen hilft, Stöcke und Steine in den Bach zu werfen, dass es klatscht und spritzt, gegen einen umgestürzten Baum oder in den Laubhaufen zu schlagen mit einem Stock… Hauptsache keiner wird verletzt.

Zuhause hilft es dem ein oder anderen auch in ein Kissen zu boxen – aber ganz ehrlich, Wut kann der Wald besonders gut ab, das Sofakissen reagiert da manchmal etwas empfindlich. Kommt lieber mit in den Wald.

Die Gefühle sind die Kinder unserer Bedürfnisse (Marshall B. Rosenberg)

Fazit: Es ist ein heikles Thema – denn ich liebe den Wald und möchte definitiv nicht, dass er beschädigt wird. Umsomehr ist es wichtig seine Wut mit einem waldkundigen Begleiter auszuleben.

Mehr zu diesem Thema